Altstädter Nicolaikirche

Die Altstädter Nicolaikirche ist Bielefelds älteste Stadtkirche. In ihrer heutigen Architektur gibt es sie allerdings erst seit dem Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg. Durch den verheerenden Bombenangriff am 30. September 1944 wurde die Kirche bis auf den Turmstumpf und die Grundmauern zerstört. Wenige Gegenstände konnten gerettet werden, so wurde im Sommer 1943 der flämische Schnitzaltar abgebaut und ausgelagert.

Der Bau der Vorgängerkirche liegt sicher nach 1308. Bereits 1236 wurde die Gemeinde aber schon selbständig, es gab eine Kapelle, die bis dahin wahrscheinlich zur Parochie Heepen (heute ein Stadtteil von Bielefeld) gehörte. Warum dem Heiligen Nikolaus das Patrozinium über die Kirche gegeben wurde, läßt sich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen. Dass Nikolaus der Schutzheilige u.a. der Kaufleute ist und (die Altstadt) Bielefeld eine Stadt der Kaufleute und des Handels war, ist nur eine denkbare Alternative.

Die Kirche war von vornherein als westfälische Hallenkirche konzipiert, d.h. dass die Kirchenschiffe im Gegensatz zur basilikalen Bauweise gleiche Höhe besitzen und ihr Grundriss zusammengenommen nahezu quadratisch ist. Während der Reformation spielte die Kirche für Bielefeld eine wichtige Rolle: 1542 wurde hier der erste lutherische Gottesdienst der Stadt zelebriert.

1706 stürzte der mittelalterliche Turm ein und bekam nach wegen Baufälligkeit z.T. zweifachem Wiederaufbau erst 1739 eine spätbarocke achteckige Haube. Die Kirche erhielt ein die ganze Halle überspannendes Dach. Im Siebenjährigen Krieg nutzten sie die Franzosen als Kornmagazin.

Altstädter Nicolaikirche: 14,9 KB Von 1847 bis 1849 erfolgte eine umfassende Renovierung in neugotischem Stil. Die barocke Ausstattung, die wohl nach den Unruhen der Reformation neu benötigt bzw. auch gewollt wurde, entfernte man nun großenteils. Lediglich Kanzel und Teile der Empore blieben erhalten.

Die nach dem 2. Weltkrieg wiederaufgebaute Kirche wurde zehn Jahre nach ihrer Zerstörung, am 30. September 1954, mit einem Gottesdienst wiedereröffnet. Der Chorraum erhielt die gleiche Höhe wie die Halle, beide werden von demselben Dach überspannt. Im Inneren imponieren die aus grauem Bimsstein gemauerten Kuppelgewölbe. Der Wiederaufbau des Turms war 1963 vollendet.

Neben dem also heute noch vorhandenen Hauptaltar berichten alte Quellen von mindestens drei Nebenaltären, die dem heiligen Andreas, Marias Mutter Anna und der Heiligen Dreifaltigkeit gewidmet waren. Der genannte Hauptaltar ist in den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts entstanden. Meister wie Stifter sind unbekannt, eine (zweimal) dargestellte Stifterfigur (erkennbar an Größe und Gestik) trägt ein klerikales Gewand. Das Symbol einer mehrfach in den Altar eingebrannten kleinen Hand lässt zweifellos auf die Herstellung des Altars in einer der Lukasgilde aus Antwerpen angeschlossenen Manufaktur schließen. Seine letzte Restaurierung erfuhr der Altar von 1979 bis 1983. Er gehört zu den vollständigsten und besterhaltenen Flügelaltären der Lukasgilde aus dieser Zeit.

Der Altar besteht aus Sockel (Predella) und Aufsatz. In der Predella befinden sich drei Schreine mit geschnitzten Darstellungen an die rechts und links zwei Flügel angebracht sind. Diese entsprechen, wie die Flügel des Aufsatzes, der Form des Altares und sind, wie letztere auch, in bemalte Kassetten mit unten näher beschriebenen Darstellungen eingeteilt. Über den Schreinen der Predella befinden sich im Aufsatz ebenfalls drei Schreine mit wenig größeren Ausmaßen, darüber drei Schreine zirka doppelter (außen) bzw. dreifacher Höhe (Mitte, Kreuzigungsszene). Die Szenen sind überwiegend von links nach rechts bzw. von unten nach oben zu lesen. Eine Unterbrechung zwischen auf Gemälden und in Schreinen dargestellten Szenen erfolgt nicht (geöffneter Altar, sogenannte 'Festtagsseite'). Beginnend von der Verkündigung an Maria folgen bald Szenen aus der Kindheit Jesu, dann die Passionsgeschichte bis hin zu Himmelfahrt und Osterberichten.

Auch die Rückseiten der Flügel sind nach Vorgabe der Kassetteneinteilung bemalt. Die Präsentation in geschlossenem Zustand, die sogenannte 'Werktagsseite', wird dominiert von der Gregorsmesse, umrahmt von alttestamentarischen Szenen und Legenden um das Kreuz Christi.

Literatur:

750 Jahre Altstädter Nicolaigemeinde Bielefeld - Kirche mitten in der Stadt, hrsg. vom Presbyterium der evangelischen Altstädter Nicolaikirchengemeinde Bielefeld, Bielefeld 1986

Bachtler, Monika und Gräfenstein, Heinrich, Der Altar der Altstädter Nicolaikirche in Bielefeld, Bielefeld o.J. (geschätzt: nach der Restaurierung 1983, Anm. d. Red.)

Evangelische Altstädter Nicolai Kirchengemeinde, Der Altar der Altstädter Nicolaikirche in Bielefeld, 2. Aufl., Bielefeld 1999

Propach, Harald u.a., Ev. Altstädter Nicolaikirche Bielefeld, Schnell Kunstführer Nr. 2041 (von 1992), 2.Aufl., Regensburg 1998