Karten zur Geschichte der Grafschaft Ravensberg

Seit dem Ende des 16. Jahr­hunderts wurden von der Graf­schaft Ravens­berg bzw. dem ihr über­geord­neten West­fälischen Kreis Land­karten angefer­tigt. Die geogra­phische Genauig­keit ließ gerade zu Anfang noch Spiel­raum für Verbes­serungen. Zum Teil wurden sogar Gebiete der Graf­schaft anderen Herr­schafts­bereichen zuge­hörig ver­zeichnet. Erst im Laufe des 17. Jahr­hunderts wurden die Karten verein­heit­licht nach Norden ausge­richtet, davor gab es keine Festlegung.

Das Terri­torium der Graf­schaft Ravens­berg veränderte sich nach dem Erlöschen des Grafen­geschlechts 1346 nur unwesent­lich. Die Unter­schiede in den karto­gra­fi­schen Dar­stel­lungen liegen wohl vor allem in den unter­schied­lichen tech­nischen Möglich­keiten der jewei­ligen Zeit, Land zu vermessen und die Ergeb­nisse zu Papier zu bringen. Zur Auswahl der Karten bitte scrollen oder in der Menü­leiste klicken.




Karte Westfalens "Westphalia Descriptio" ("Beschreibung Westfalens") von Heinrich Nagel (Kupferstecher) und Johann Bussemacher (Drucker) aus dem Atlas "Europae totius orbis terrarum partis praestantissimae, universalis et particularis descriptio" ("Ganz Europa, Teil des Erdenkreises [Der Erdteil Europa], vorzüglichste, umfassende Beschreibung sowie seiner Gebiete") verlegt von Matthias Quad, Köln 1594.


Abbildung der Karte: persistenter Link zur Bayerischen Staatsbibliothek München.


Die Karte ist nach Osten ausge­richtet. Der Höhen­zug der von der Karten­mitte nach Ost­südost (rechts oben) verläuft, stellt den seit dem 17. Jahrhundert so bezeichneten Teuto­burger Wald (eigentlich Osning) dar. Die Burg Rauens­berch (Ravens­berg, die Buchstaben u und v wurden zu jener Zeit synonym verwendet) ist etwa in der Mitte des Höhen­zuges gut zu erkennen.

Das Terri­to­rium der Graf­schaft ist sehr falsch abgebildet: Die Residenz­stadt Biele­feld ist nicht verzeichnet (und damit der historisch erste, mir bekannte Hinweis auf die Bielefeld-Verschwörung). Demhingegen enthält die Graf­schaft das westliche von gleich zwei Ridborch (Riet­berg), das zu keiner Zeit der gräflichen Herrschaft unterlag. Ein Ort ravens­ber­gischer Land­tage, Jullen­beck (Jöllen­beck), liegt nördlich der einge­zeich­neten Grenze, ebenso wie Engheren (Enger). Der nörd­liche Zipfel des Terri­to­riums mit der Lymburch (Limburg) ist nicht zugehörig verzeichnet, ebenso­wenig wie der östliche, wobei die Karte nicht bis an die Weser heran­reicht und dieses Gebiet lange Zeit verpfändet war.


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Karte der Graf­schaften Mark und Ravens­berg, "Comi­tatus Marchia et Ravens­berg", aus dem Atlas "Theatrum Orbis Terra­rum, sive Atlas Novus in quo Tabulae et Descrip­tiones Omnium Regionum" ("Vor­stel­lung des Erden­kreises [der Welt] oder Neuer Atlas mit Karten und Beschrei­bungen aller Regionen") von Wilhelm und Johan­nes Blaeu, Amster­dam um 1650. Die hier abgebildete Karte "Ravens­berg Comi­tatus" ist wegen der Ent­fer­nung des Gebietes zur Grafschaft Mark als geson­derte Abbil­dung links unten auf der genann­ten Karte dar­ge­stellt. Der nord­öst­liche Teil der Graf­schaft Mark reicht noch bis gerade in den süd­west­lichen Teil der Karte. Der Atlas gelangte zu solcher Ver­brei­tung und Bedeu­tung, dass er ab der 11. oder 12. Auf­lage 1662 vor allem als "Atlas maior" ("Großer Atlas") bekannt war.

Bildquelle: Seite "Graf­schaft Ravens­berg", in: Wiki­pedia, Die freie Enzy­klo­pädie. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Grafschaft_Ravensberg&oldid=70982822 (25.03.2010).


Karte der Grafschaft Ravensberg um 1650: 74,0 KB

Ravens­berg gelangte 1346 durch Heirat an die von den Jülichern regierte Grafschaft (das spätere Herzog­tum) Berg. Das Erbe beider jülischen Linien gelangte 1511 an das Herzogtum Kleve mit der Grafschaft Mark. Das Ende dieses Hauses wiederum resul­tierte 1609 - 1614 im Jülich-Klevischen Erbfolge­streit. Schon hier erhielt das Kur­fürsten­tum Branden­burg neben dem Herzogtum Kleve die Graf­schaften Mark und Ravens­berg zugesprochen, was gegen Ende des 30-jäh­rigen Krieges, am 8. April 1647, im Düssel­dorfer Teilungs­vertrag dann end­gültig bestätigt wurde.

Die Residenz Bilevelt (Bielefeld) und der Spare­berg (mit einem Quer­strich über dem ersten e und fehlendem n; der Sparren­berg mit der zur Festung moder­ni­sier­ten und erwei­ter­ten ehe­ma­li­gen Burg) finden sich im Süd­osten der Graf­schaft. Weitere Landes­burgen sind im Osten an der Weser bei Vlothowe (Vlotho) die Burg auf dem Amts­haus­berg, im Norden die Lym­burg (Limburg) und im Westen Ravens­perg (Burg Ravens­berg), der Stamm­sitz des 1346 erlosche­nen Grafen­geschlechts. Als fünfte Landesburg gilt Gut Bustedt (nicht verzeichnet) bei Engheren (Enger), etwa zwischen Ravensperg und Herwerde (Herford, an der Grenze zum Amt Vlotho), die aber erst um 1415 erbaut wurde.


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Karte der Graf­schaft Ravens­berg, Ausschnitt aus der Karte "Circuli West­phaliae in omnes suos Status et Provin­cias accurate divisi, Nova et exacta Tabula" ("West­fä­li­scher Kreis, in seinem gesamten Zustand und in seine Landes­herr­schaften sorg­fältig unter­teilt, Neue und genaue Karte") aus dem "Großen Atlas über die ganze Welt" von Johann Baptist Homann, Nürn­berg um 1720. Der Atlas erschien ab 1716 in mehreren Auflagen.


Karte der Grafschaft Ravensberg um 1720: 95,3 KB

Die Verwal­tungs­reform des Heiligen Römischen Reiches, die um 1500 einsetzte, beinhaltete auch die über­terri­to­riale Einteilung des Reiches in zehn Reichs­kreise. Einer davon war der west­fälische Kreis, der sich vom Sauer­land bis zur Nord­see und vom Nieder­rhein bis zur Weser erstreckte. Die Karte zeigt anschaulich die die Graf­schaft Ravens­berg umge­benden Landes­herr­schaften; von Norden im Uhr­zeiger­sinn: Fürsten­thum Minden, Gr. Schawen­burg (Graf­schaft Schaum­burg), Grafsch: Lip (Graf­schaft Lippe), Bisth. Pader­born (Bistum Pader­born), Gr. Ritberg (Graf­schaft Riet­berg), ein Gebiet das Osna­brug (Bistum Osna­brück) und Teckel­burg (Graf­schaft Tecklen­burg) fälsch­licher­weise gemeinsam gehörig verzeichnet ist (es handelt sich um das osna­brück­ische Amt Recken­berg mit Wieden­brück und um die tecklen­burgische Herr­schaft Rheda), Ober­bisthum Münster (das Bistum Münster teilte sich wegen seiner Größe in das Ober- und Nieder­bistum Münster, das Ober­bistum bezeichnet den süd­lichen Teil), Bisthum Osna­bruck (Bistum Osna­brück).

Zur Graf­schaft Ravens­berg: Im Nord­zipfel die Landes­burg Limburg (zu den Burgen der Grafen siehe den Text zur Karte von Blaeu), im Ost­zipfel an der Weser Flothouwe (Vlotho) mit der Burg auf dem Amts­haus­berg. Der Ravens­berg im Westen ist deutlich hervor­gehoben, was seiner Bedeutung zu jener Zeit nicht entspricht. Im Süden die Resi­denz­stadt Bile­velt (Biele­feld) mit den heutigen Einge­mein­dungen (von Norden, im Uhr­zeiger­sinn) Schylse (Schild­esche), Iullen­beck (Jöllen­beck), Hyepen (Heepen), Neer­muelen (Nieder­mühlen1), Sparen­berg (Sparren­berg1), Braic­wede (Brack­wede) und S. Iost­berg (Jost­berg2).

1) heute Stadtbezirk Mitte
2) heute Stadtbezirk Gadderbaum
(alle anderen sind eigene Stadt­bezirke)


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Karte der Grafschaft Ravens­berg aus dem Atlas "Schau­platz der fünf Theile der Welt" von Franz Johann Joseph von Reilly, Wien 1791.


Karte der Grafschaft Ravensberg 1791: 93,3 KB

Die inter­aktive Karte ermöglicht die Detail­ansicht der vier Ämter (siehe Text). Das Amt Sparren­berg ist wegen seiner Größe in zwei Hälften geteilt.


Zwischen 1754 und 1781 verfasste Anton Fried­rich Büsching die "Neue Erd­be­schrei­bung" in dem auch der west­fälische Kreis und somit die Graf­schaft Ravens­berg beschrieben wird. 1790 erschien die letzte Auflage, inzwischen als "Erd­be­schrei­bung", vor dem Erscheinen von Reillys Atlas "Schau­platz der fünf Theile der Welt" (1791) aus dem die vorliegende Karte stammt. Dem Atlas liegt Büschings "Neue Erd­be­schrei­bung" bzw. "Erd­be­schrei­bung" zugrunde.


Büsching sagt zur Verwal­tungs­struktur der Graf­schaft, dass sie in vier Ämter eingeteilt war (Neue Erd­be­schrei­bung, 5. Auflage, 1771):

"§.9. Nunmehr sind zu beschreiben:

[...]

II. Die 4 Aemter mit denen unter dieselben gehörigen Städten und Kirch­spielen:

1. Das Amt Sparen­berg macht fast die Hälfte der ganzen Graf­schaft aus, und hat den Namen von dem alten Berg­schloß Sparen­berg, welches nahe bey Bielefeld liegt [...] Das Amt besteht aus 5 Districten [Brack­wede, Heepen, Schild­esche, Werther und Enger], [...]

2. Das Amt Ravens­berg [...] In diesem Amt haben die ersten Grafen von Ravens­berg ihren ersten Sitz erbauet [...] Das Amt wird in 3 Vogteyen [Versmold, Halle, Borg­holz­hausen] getheilet.

3. Das Amt Limberg [...] besteht aus 2 Vogteyen [Bünde und Olden­dorf].

4. Das Amt Vlotho ist [...] lange Zeit von den Grafen von Ravens­berg versetzet gewesen. [...] Das Amt ist in 2 Vogteyen [Vlotho und Wehren­dorf] abgetheilet."

Die Distrikte und Vogteien sind weiter unterteilt: sie enthalten teilweise als eigene Verwaltungs­einheit eine Amts­stadt und gliedern sich ansonsten überwiegend in Kirch­spiele, aber auch adelige Güter bzw. Häuser usw.


Zu dem Gebiet um die Stadt Herford im Amt Sparrenberg schreibt Büsching:

"1547 trat die Aebtis­sinn die welt­liche Hoheit und Obrig­keit, welche sie sich über die Stadt zueignete, an Herzog Wilhelm zu Jülich, Cleve und Berg ab. 1631 erklärte das Kammer­gericht [oberstes Gericht des Heiligen Römischen Reiches] Herford für eine Reichs­stadt [d. h. Herford war reichs­un­mit­tel­bar, womit es nur und direkt dem Kaiser unterstand]: allein, 1647 ließ der Chur­fürst zu Branden­burg die Stadt unversehens einnehmen, und sich huldigen. 1650 wurde zwar die branden­burgische Besatzung wieder abgeführet: aber 1651 die Stadt von einigen chur­fürstlich-branden­burgischen Völkern eingeschlossen, an welche sie sich 1652 ergab, und abermals huldigte. Indessen steht sie annoch [1771] in der Usual-Matrikel [Ver­zeich­nis der Reichs­stände, Beispiel] unter den Reichs­städten."

Das Gebiet um die Stadt Herford soll ihr Terri­to­rium als Reichs­stadt abbil­den. Auch das Stift bzw. die Abtei war reichs­un­mit­tel­bar, besaß aber nur kleine Län­de­reien inner­halb der Stadt Herford. Diese wurden erst 1803 im Zuge der Säku­la­ri­sation dem dann preuß­ischen Ravens­berg zuge­schlagen.

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Karte der "Provinz West­phalen, 1859, gez. von Art. Pr. Ltn. Renner", aus "Meyer's Großer Hand­atlas" / "Großer Zeitungs­atlas", Hild­burg­hausen u. a., 1843 - 1860. Die mit dem neu entwick­elten Ver­fahren des Stahl­stichs her­gestellte, kleine aber recht genaue Karte (Original­größe des abgebil­deten Karten­aus­schnitts ca. 6 cm * 8,5 cm) zeigt die preußische Provinz West­falen im Jahre 1859. Sie enthält mehrere Inset­karten: Umgebungs­karten von Koes­feld, Pader­born und Iser­lohn, sowie den "Grund­riss von Münster". Abgebildet ist ein Aus­schnitt der Karte mit dem Regie­rungs­bezirk Minden, dem die Graf­schaft Ravens­berg verwal­tungs­mäßig zuge­teilt war. Ihren unge­fähren Grenz­verlauf habe ich einge­zeichnet. Ein Klick darauf öffnet eine Vergrö­ßerung.


Karte der preußischen Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Minden, 1859: 93,9 KB

Nach dem Tod des letzten klevischen Herzogs 1609 verwal­teten die im jülich-klevischen Erbfolge­streit konkur­rie­renden Parteien Branden­burg und Pfalz-Neuburg Ravens­berg gemeinsam. 1614 wurde die Graf­schaft schließlich dem branden­burgischen Kur­fürsten zuge­sprochen, was am Ende des 30-jäh­rigen Krieges 1647 nochmals bestätigt wurde. Ein Jahr später kam das benachbarte Fürst­bistum Minden gemäß Vertrag des West­fä­lischen Friedens als säkularisiertes Fürsten­tum in den Besitz Branden­burgs. 1701 krönte sich der branden­burgische Kur­fürst Fried­rich III. mit Erlaub­nis des Kaisers als Fried­rich I. zum König in Preußen. Preußen aber lag außer­halb der Grenzen des Heiligen Römi­schen Reiches. Dies gilt als Grün­dung des preußischen Staates, der so auch die kur­fürst­lich-branden­bur­gischen und zu diesen gehörende Gebiete, wie das Fürsten­tum Minden und die Graf­schaft Ravens­berg im Reich umfasste. 1719 wurden beide zur Verwal­tungs­einheit Minden-Ravensberg zusammen­gefasst. Mit der Besetzung durch die Franzosen wurde Minden-Ravensberg 1807 weit­gehend dem König­reich West­phalen unter Napoléons Bruder Jerôme zuge­schlagen. Nach dem Wiener Kongress 1815 ging die Graf­schaft in der neu konsti­tu­ierten preußischen Provinz West­falen auf. Diese war in die Regie­rungs­be­zirke Arns­berg, Münster und Minden einge­teilt. Zu letztem gehörte dann auch Ravens­berg.


Amt Limberg Amt Sparrenberg, nördlicher Teil Amt Sparrenberg, südlicher Teil Amt Ravensberg Amt Vlotho
Lage der Grafschaft Ravensberg im preußischen Regierungsbezirk Minden